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Integration auf Musikalisch

Kategorien: Allgemein

„Wo die Sprache aufhört, fängt die Musik an.“
E.T.A. Hoffmann

Das Weihnachtsprojekt von „Gospel in St. Veit“ startete ganz herbstlich mit einem Probenwochenende in Schloss Flehingen vom 1. bis 3. Oktober 2016. Für die Gospler bedeutete das vor allem zwei Dinge: zum einen natürlich, sich nach langen Pausenmonaten endlich wiederzusehen, auszutauschen, upzudaten, und zum anderen intensive Probenphasen mit bis zu fünf Stunden täglich „Alles-aus-der-Stimme-herausholen-was-geht“. Soweit, so gut.

Dieses Mal war dennoch einiges neu und anders. Durch einige Mitglieder im Chor besteht bereits seit einiger Zeit direkter Kontakt in die Unterkünfte der Flüchtlinge, die in Waldenbuch leben. Nach einer spontanen Idee sprachen wir dort eine Einladung zur Teilnahme an den Probentagen aus und waren verblüfft, dass über zehn Leute sich auf das Abenteuer Gospel einließen.

So kam es, dass, kaum in Flehingen angekommen, vor der ersten Probe eine bunte Schar Syrer und Iraker versuchte, sich zunächst einmal der richtigen Singstimme zuzuordnen. Dies nahm erfolgreich sein Ende, nachdem eine junge Frau sich überzeugen hatte lassen, dass es sich mit einer Frauenstimme leichter Alt als Tenor oder Bass singt und sich wieder von den Männern wegsetzte!

Die drei Tage waren für alle Seiten spannend und herausfordernd – herausfordernd vor allem, was die Kommunikation mit Händen und Füßen angeht. Die Herausforderung brachte aber auch die Erkenntnis, dass Kommunikation mehr ist als Sprache. Wenn die Worte fehlen, helfen mehr oder weniger wilde Gesten, Mimik oder auch nur ein paar Fotos, die man sich auf den Smartphones zusammen anschauen kann und anhand derer vieles transportiert werden kann. Wir sahen Bilder von einem glücklichen Leben in Syrien, bevor diese Heimat fluchtartig verlassen werden musste, weil sie nicht mehr sicher war. Und wir verstanden ein Stück von der Qual, unter der ein Flüchtling leidet, solange er Flüchtling ist.

Wir erlebten aber genauso, wie ausgelassen und lebendig man zusammen feiern und tanzen kann, egal, aus welchem Land man nun stammt. Insgesamt haben wir wieder einmal festgestellt, dass Musik eine hervorragende weltumspannende Sprache ist. Tagsüber sangen wir zusammen Gospel, und abends trafen wir uns im Gewölbekeller und tanzten zu arabischem Pop und europäischem House.

Als wir am Ende des Wochenendes nach Hause fuhren, fühlten wir uns bereichert und hatten das Gefühl, unseren neuen Freunden ein ganzes Stück näher gekommen zu sein. Ob jemand zur nächsten Probe kommen würde – das ließen wir für uns komplett offen.

Sie kamen tatsächlich – was ein Wiedersehen war das! Und sie brachten sogar noch Freunde mit!

Wir befinden uns derzeit also mitten in einem traumhaft internationalen Gospelprojekt. Zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Artikels sind es noch vier Wochen bis zu den Weihnachtskonzerten – wir freuen uns sehr darauf!